Europäischer Aktionsplan ausgerufen
Schlaganfall-Experten und Patienten-Fürsprecher haben in Brüssel gemeinsam einen europäischen Aktionsplan ausgerufen. Der Stroke Action Plan for Europe beschreibt Versorgungsziele bis zum Jahr 2030.
Großes Leid, hohe Kosten
Mehr als eine Million Schlaganfälle jährlich, 460.000 Sterbefälle, und rund 10 Millionen Menschen leben mit den Folgen eines Schlaganfalls in Europa – geschätzt wird, dass diese Zahl in der nächsten Generation um 26 Prozent steigt. Doch nicht nur die medizinische Versorgung und das Wohl der Patienten haben die European Stroke Organization (ESO) und die Stroke Alliance for Europe (SAFE) im Blick. Schon jetzt betragen die gesellschaftlichen Kosten des Schlaganfalls in der EU geschätzte 60 Milliarden Euro. Nach einer Oxford-Studie werden sie bis 2040 auf 86 Milliarden steigen.
Versorgungssituation sehr unterschiedlich
Die Versorgungssituation in den Staaten Europas ist sehr unterschiedlich. Gute Strukturen existieren vornehmlich in den Ländern Nord-, West- und Mitteleuropas. Entwicklungsbedürftig dagegen sind die Strukturen in vielen Ländern Ost- und Südeuropas. Prof. Martin Dichgans (München), Präsident der ESO, hält den nun vorgelegten Stroke Action Plan for Europe auch deshalb für wichtig: “Wir brauchen einen einheitlichen Ansatz für die Schlaganfall-Behandlung und das Schlaganfall- Management, um Ungleichheiten zwischen den europäischen Ländern, die sich durch die Pandemie verstärkt haben, zu überwinden.“
Akutbehandlung auf Stroke Units
Mit dem Stroke Action Plan rufen die europäischen Organisationen die Gesundheitsminister der Länder auf, sich bis zum Jahr 2030 verbindliche Ziele für die Schlaganfall-Versorgung zu setzen. So fordern ESO und SAFE, die Präventionsbemühungen deutlich zu erhöhen, um die Zahl der Schlaganfälle um 10 Prozent zu senken. Und die Akutversorgung des Schlaganfalls soll deutlich verbessert werden. Ziel ist es, 90 Prozent der Patienten auf spezialisierten Stationen (Stroke Units) zu versorgen. Diesem Ziel kommt Deutschland schon heute nahe, DSG und Schlaganfall-Hilfe haben in den vergangenen Jahren mehr als 330 Stroke Units zertifiziert. Einige andere Länder verfügen über nicht einmal zehn solcher Stationen.
Deutschland will die Nachsorge stärken
Diese Ungleichheiten sehen auch ESO und SAFE. Deshalb lautet ein weiteres Ziel des Aktionsplans, dass alle Länder nationale Schlaganfallpläne und -strategien festlegen, um ihr Vorgehen den Verhältnissen anzupassen. Nationale Koordinatoren des Stroke Action Plans für Deutschland sind Prof. Jürgen Faiss für die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft und Dr. Markus Wagner für die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Gemeinsam wollen beide Organisationen in den kommenden Jahren an einem nationalen Plan arbeiten. Nachdem die Akutversorgung bereits auf einem sehr guten Stand ist und auch die Rehabilitation in den vergangenen Jahren große Fortschritte machte, liegt jetzt ein besonderes Augenmerk auf der Nachsorge. Die DSG gründete bereits unter Beteiligung der Schlaganfall-Hilfe eine Nachsorgekommission.
Fachärztliche neurologische Betreuung und Schlaganfall-Lotsen von zentraler Bedeutung
Mittelfristiges Ziel einer verbesserten Schlaganfall-Nachsorge in Deutschland ist es, die Sekundärprävention zu verbessern und Komplikationen nach Schlaganfall zu vermeiden oder früh zu erkennen, damit Patienten eine höhere Lebensqualität erreichen und seltener wiederholte Schlaganfälle erleiden. Zentraler Bestandteil einer verbesserten Struktur könnten eine engere fachärztlich neurologische Betreuung und so genannte Schlaganfall-Lotsen werden, die bereits in zahlreichen Projekten an verschiedenen Orten Deutschlands im Einsatz sind.