Online-PK zum Weltschlaganfalltag

Medikamentöse Thrombolyse vs. mechanische Thrombektomie oder beides? Experten geben Empfehlungen zu Schlaganfall-Therapien

Oktober 2022 – Die Behandlung von Schlaganfallpatienten mit einer medikamentösen, gerinnselauflösenden Therapie (systemische Thrombolyse mit dem Medikament Alteplase) ist seit 25 Jahren gängige Praxis. Seit einigen Jahren hat sich auch die mechanische Gerinnselentfernung (endovaskuläre Thrombektomie) in der Routine-Versorgung von Schlaganfall-Patienten etabliert. Ob die beiden Behandlungsverfahren in Kombination angewendet werden sollten, war lange nicht klar. Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) stellen auf ihrer Online-Pressekonferenz am Mittwoch, den 26. Oktober zum Weltschlaganfalltag (29. Oktober) nun neueste Studien dazu vor: Diese Erkenntnisse sehen klare Vorteile einer Kombinationstherapie nur, wenn diese innerhalb von 4,5 Stunden nach dem Beginn des Hirninfarkts erfolgt. Im späteren Zeitfenster kann auf die systemische Thrombolyse auch verzichtet werden. Von besonderer Bedeutung ist dies gerade aufgrund der Lieferengpässe beim Medikament Alteplase. Die DSG setzt sich stark dafür ein, dass daraus kein Versorgungsengpass wird – und stellt Maßnahmen dazu auf ihrer Online-Pressekonferenz vor.

In Deutschland erleiden mehr als 260.000 Menschen jährlich einen Schlaganfall. Hierbei wird die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff gestört, was massive Behinderungen oder den Tod zur Folge haben kann. „Die Ursache für einen Schlaganfall kann zwar auch ein geplatztes Blutgefäß sein, aber in etwa 80 Prozent der Fälle verstopft ein Blutgerinnsel (Thrombus) ein Gefäß im Gehirn“, erklärt der DSG-Experte Professor Dr. med. Dipl. Inf. (FH) Peter A. Ringleb, Sektionsleiter Vaskuläre Neurologie der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg. „Je schneller wir den Durchfluss wieder herstellen können, umso geringer ist die Gefahr für bleibende Schäden. Wir können das Blutgerinnsel medikamentös auflösen (Thrombolyse) oder es mechanisch mit einem kleinen Katheter entfernen (Thrombektomie).“ Bei der Thrombektomie schieben spezialisierte Neuroradiologen einen Katheter von der Leiste aus bis zum Blutgerinnsel im Gehirn und entfernen es mit verschiedenen Werkzeugen mechanisch.

In Deutschland wird etwa jede vierte Schlaganfallpatient mittels systemischer Thrombolyse und jeder zehnte mit einer endovaskulären Schlaganfalltherapie behandelt. Bisher war nicht klar, unter welchen Umständen beide Verfahren in Kombination angewendet werden sollten, das heißt auch wann im Rahmen einer endvaskulären Schlaganfalltherapie auf die medikamentöse Thrombolyse verzichtet werden kann. „Doch nun kennen wir sechs Studien mit insgesamt 2.332 Patienten, denen zufolge – zumindest wenn diese recht zeitnah nach dem Schlaganfall zum Einsatz kommt – eine Kombinationstherapie effektiver ist als die alleinige Thrombektomie“, so Professor Ringleb. Bei Erkrankten, die die Kombinationstherapie später erhalten, sei die Datenlage weniger eindeutig.

Die DSG empfiehlt deshalb folgendes Vorgehen: Patienten, die im 4,5-Stunden-Zeitfenster behandelt werden können, sollen möglichst eine Kombinationstherapie erhalten. Für das spätere Zeitfenster von 4,5 bis 9 Stunden erscheint die alleinige Thrombektomie ohne vorherige medikamentöse Thrombolyse vertretbar. „Wenn ein Schlagfanfallpatient jedoch erst nach mehr als 9 Stunden Symptomdauer zur Therapie kommt, rät die DSG von einer systemischen Thrombolyse mit Alteplase ab“, so der Heidelberger Neurologe. „Das kann auch helfen, um möglichen Versorgungsengpässen bei dem Medikament vorzubeugen.“

„Als Experte der DSG möchte ich abschließend betonen, dass ein Schlaganfall immer ein absoluter medizinischer Notfall ist. Für jeden Patienten und für alle therapeutischen Möglichkeiten gilt: Je früher wir eine Therapie beginnen können, desto größer ist die Aussicht auf Erfolg und desto geringer ist das Risiko für die Patienten“, so Ringleb. Die DSG fordere deshalb von allen Beteiligten – auch den Aufsichtsbehörden und der Politik – die permanente Verfügbarkeit von Alteplase sicherzustellen und weitere Studien, die die Kombination von beiden Verfahren belegen, zu fördern.

Weitere Themen der Online-Pressekonferenz sind die aktuellen Probleme der pflegerischen Versorgung von Schlaganfallpatienten unter den sich ändernden politischen Rahmenbedingungen, sowie das große Thema der langfristigen Nachsorge von Schlaganfallbetroffenen.

Anmeldung zur Online-Pressekonferenz(PDF)

Kontakt für Journalisten:

Pressestelle Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Friederike Gehlenborg und Katharina Kusserow
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart

Tel.: +49 (0)711 8931-295/-703
Fax: +49 (0)711 8931-167
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